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3. Januar 2011: Strafverfolgung von Wirtschaftsvergehen

Brief an den russischen Botschafter in Berlin

...mit einer Einhelligkeit wie sie an eine gleichgeschaltete Presse der untergegangenen Diktaturen erinnert, haben in den letzten Wochen die deutschen Zeitungen, Radiosender und Fernsehanstalten den Prozeß gegen Michail Chodorkowski kritisiert. Sogar höchste Regierungsvertreter sparten nicht mit öffentlicher Kritik an der russischen Justiz. Ich will es gleich vorab sagen, sie taten es nicht in meinem Namen. Und auch viele meiner Freunde und Bekannte sehen es ähnlich wie ich: Mit fleißiger Hände Arbeit, im Schweiße seines Angesichts wurde Chodorkowski sicher nicht zum einst reichsten Manne Rußlands. Angeblich sollen es wohl schon mal einzelne Leute vom Tellerwäscher zum Millionär gebracht haben. Doch als Milliardär ist besagter Mann noch mindestens um den Faktor 1000 besser als vorangegangene Sagengestalten. Hier kann es im wahrsten Sinne des Wortes nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Es ist nicht Neid, der aus meinen Worten spricht, sondern Gerechtigkeitssinn.

In Deutschland wird eine Verkäuferin entlassen, nur weil sie einen Kassenbon im Wert von 1,30 Euro unterschlagen hat – mit Zustimmung der Gerichte! Eine Sekretärin erhielt das gleiche Schicksal, weil sie vom Imbiß ihres Chefs zwei Brötchenhälften ungefragt gegessen hatte. In diesem Fällen ist unser Recht erbarmungslos. Es gibt ein deutsches Sprichwort: Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen. Trotz der These vom demokratischen Rechtsstaat scheint es zur gesellschaftlichen Praxis zu gehören.

Bankmanager, man nennt sie wohl auch neudeutsch Bankster, haben unsere ganze Gesellschaft durch ihr unseriöses Geschäftsgebaren finanziell an den Rand des Abgrundes gebracht. Hier ist die Politik zwar sogleich eingesprungen und hat mit dem gesamten Volksvermögen Bürgschaften für die Verluste übernommen, von denen wir nicht wissen, ob und wie sie je wieder abbezahlt werden können. Doch wo ist die juristische Aufarbeitung dieser Machenschaften? Ich hätte erwartet, daß jenen einheimischen Oligarchen, die Deutschland so unermeßlichen Schaden zufügten, auch bei uns der Prozeß gemacht wird. Doch – Fehlanzeige. Und wenn wirklich mal einer von denen vor Gericht kommt, kann er es bald wieder grinsend mit dem Victory-Zeichen verlassen. Statt also bei uns Ordnung zu machen, kritisieren wir Rußland, daß dort einer aus dieser höchsten Kaste zur Verantwortung gezogen wird. Dabei sollte die deutsche Politik das biblische Gleichnis von Jesus und der Ehebrecherin beachten: Nur wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Stein.

Ich wünsche Ihnen Glück und Gesundheit im Neuen Jahr und weitere Erfolge bei der Ahndung von Straftaten auch in höchsten Gesellschaftskreisen.